Der Geschmack: Sebastian Frank im Horváth in Berlin
(Werbung/unbezahlt)
Geschichten gibt es im Theater und im Kino, man kann sie in Büchern lesen oder sich erzählen lassen. Sebastian Frank kocht Geschichten. Die von seiner Oma und der wunderbaren Rindssuppe mit dem herrlichen, durchgezogenen Gemüse und die vom ersten Löffelstich in eine spiegelglatte Oberfläche der frischen Sahne. Ich sitze in Berlin im Restaurant Horváth und bin ganz verzückt.
Hinter dem schmiedeeisernen Gartenzaun, direkt am Landwehrkanal im Szenebezirk Kreuzberg, betrittst du das Lokal durch einen kleinen Raum mit dunklem Holz und üppigen Kronleuchtern und gehst zu modernen Tischen, hellem Holz und Wandmalereien von Jim Avignon*. Sicher auch ein Spiegelbild der Wandlung der Küche im Horvath. An der Stirnseite des Raumes beobachtest du das Ballett der Köche und von einem lockeren und sachkundigen Service verwöhnt, kannst du den Abend genießen.
Sebastian Frank, groß geworden in Österreich, wusste schon als 13-Jähriger, das die Küche seine Welt ist. Und so kann er jetzt schon Anfang 40 auf eine spannende Entwicklung zurückblicken. Von der Ausbildung im Vier-Sterne-Hotel „Wende“ in Neusiedl am See bis zum Ankommen 2010 in Berlin, um Küchenchef im traditionsreichen Horváth zu werden. Hier erkochte er sich innerhalb eines Jahres seinen ersten Stern des Guide Michelin. 2014 übernahm Sebastian Frank mit seiner Lebensgefährtin Jeannine Kessler das Restaurant und wurde 2015 mit seinem zweiten Stern ausgezeichnet. Der Gault Millau listet mit 17 Punkten.
Meine bisherigen, immer auch sehr guten Erfahrungen in der Sterneküche waren, das hervorragende, luxuriöse Produkte auf den Teller kommen, die geschmacklich veredelt werden. Frank ist in seiner Küche ein Produkt ebenso wichtig wie das andere. Vermeintlich einfache Zutaten sind alle Akteure auf dem Teller, „die in ganz unterschiedliche Rollen schlüpfen können – vom Gewürz, Konsistenzgeber oder Aromaträger bis hin zum Hauptdarsteller. So entstehen individuelle Gemüsegerichte.“ Ein weiterer wichtiger Baustein sind seine „Magic´s“, „die kommen Sebastian Franks Vorstellung von „geschmacklicher Perfektion“ sehr nahe und können jedem Gericht den richtigen Drive geben.“ Das sind z.B. Röstgemüsereduktionen, Zitronenmagic, Hühnermagic oder Schweinemagic, eine Emulsion von Schweinebauchbratensaft, Fett und Kümmel. So genießt du eine vermeintlich vegetarische Küche, kein Fleisch auf dem Teller, aber irgendwo sind seine geschmacksgebenden Eigenschaften fast immer dabei.
Eine wichtige Erfahrung für mich sind die alkoholfreien, individuellen Getränkebegleitungen zu einem Menü. Das habe ich schon hier kommuniziert. Damit werden die Speisen oft auf ein ganz besonderes Podest gehoben und sie sind auch für sich ein Genuss. Im Horváth „Alkoholfreie Getränke auf Gemüsesaftbasis entwickelt, die genau auf das Menü abgestimmt sind und frisch in der Küche zubereitet werden: Aus Teeauszügen, hausgemachten Gemüsesäften, hochwertigen Ölen und Reduktionen.“ Das kann ich bestätigen, denn jede für sich war so spannend und köstlich. Mein Favorit des Abends war ein frischer, fruchtiger Saft vom Granny Smith mit Zirbe, serviert zum Sigantur Dish von Frank, dem Sellerie reif und jung.
Für das Menü hatte ich mich zu 6 Gängen entschlossen und dazu den oben genannten Sellerie gewählt, den man ja unbedingt essen sollte. Nach dem Essen nahm sich Frank noch Zeit für ein Gespräch und das obligatorische Foto, Köche als Stars eben! Ich war sehr überrascht, wie beim Gespräch über seine Art zu kochen, aus dem ruhigen, konzentriert arbeitenden Koch ein übersprühender Mann wurde, der leidenschaftlich von seiner Arbeit schwärmt. Und man nimmt ihm sofort ab, dass das seine Geschichten sind, die da auf dem Teller landen.
Und wir reden noch über junge Köche, die Mut haben sollen, nicht nach Rezept, sondern nach Gefühl zu kochen und wie seine Gerichte zuerst im Kopf entstehen mit einem Gedanken. Und er den Geschmack mit seinen verfügbaren Bausteinen dann versucht zu kreieren.
Und über Missgeschicke, aus denen oft auch die besten Aromen entstehen, wenn man sie zu lenken weiß. Wie beim Gemüsebier, aus dem ein fein säuerliches, schäumendes Getränk wird.
Ein wirklich genussvoller und entspannter Abend im Horváth. So intensiv hat mich Essen lange nicht berührt. Und auch einen Teil meiner Erinnerungen habe ich dabei gefunden, denn Thüringer Küche und die Österreichs sind sich schon sehr ähnlich.
Auf den Fotos vom Menü findest du auch immer Erklärendes. Das sind kleine Kärtchen, die beim Essen mit „serviert“ werden, schöne Idee!
Da wurden auch meine Erinnerungen wach! Und Suppengemüse wird bei uns bis heute gegessen und nicht aussortiert.
Der Salat zum Grillsellerie-siehe Karte
* Wer hier aus meiner Gegend ist, wird sich an Jim Avignon erinnern. Er hat im Sommer große Wandbilder im Coudray Haus in Bad Berka gestaltet.
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