Die Ostsee im November: Eine Woche durchatmen und erinnern

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Die Insel Usedom war das bevorzugte Urlaubsgebiet meiner Eltern und in der Zeit als wir noch mitziehen mussten, auch von uns Kindern. Von Karlshagen bis Ahlbeck und Zinnowitz, die Zeltplätze waren im Sommer unsere Abenteuerwelt. Und dieses Abenteuer fand beileibe nicht nur in unserer Phantasie statt. Es begann schon mit der Hinreise im P70, später im 311-er Wartburg. Mitten in der Nacht, gegen zwei, wurden wir geweckt und mit dem gnadenlos überladenen Auto ging es Richtung Küste. Die Fahrt dauerte unendlich lange und uns Kindern kam sie wie eine Ewigkeit vor. Kein Platz im Auto, irgendwo eingepfercht zwischen Gemüse und Fleischvorräten auf der Rückbank, war kein Spielraum für kindliche Betätigung. Das hiess also still sitzen so weit man konnte, denn im 2-wöchigen Zelturlaub wollten wir ja auch essen und an der Küste war die Verpflegung ziemlich schwierig. Aber die Aufregung über die Reise war so groß, dass das unsere Vorfreude natürlich nicht trüben konnte.


Völlig zermürbt von der Fahrt durch kleine Dörfer in Mecklenburg, kam das lange Anstehen an der Fähre, welches nur versüßt wurde durch eine Pferdebockwurst vom legendären Imbissstand in Wollgast. Obwohl hier versüßt wohl nicht das richtige Wort ist. Am späten Nachmittag angekommen, gingen wir Kinder mit unserem Vater als erstes zum auf allen Zeltplätzen vorhandenen HO Kiosk*. Nicht in der Hoffnung auf reiche Beute im Einkaufskorb, sondern um die durch HO Kollegen vor Ort reservierten Kisten abzuholen. Leere Kisten, die uns in den zwei Wochen als Tisch und Sitzgelegenheiten dienen sollten. Denn Tisch und Stühle hatten im Auto keinen Platz und zur sogenannten Campinggarnitur hatte es noch gar nicht in der Anschaffung gelangt. Wenn wir abreisten, hatten wir übrigens immer eine Menge Zeltnachbarn, die unsere Möbel auf Zeit mit Freuden übernahmen.
*HO= Handelsorganisation

Sanitäre Anlagen gab es dem Namen nach, aber sie hatten ihn nicht verdient. So war der Klappspaten, neben der Klorolle, das sichtbar ausgehängte Utensil unter dem Vordach des kleinen Zeltes. Damit wir nur zugreifen mussten, um uns dann in die Büsche, sprich den naheliegenden Wald, zu schlagen. Gewaschen haben wir uns Morgens und Abends direkt in der Ostsee und schnell mal ein paar Krümel Sand auf die Zahnbürste mit der Putzi mit Schokoladengeschmack* , bei der Cousine oder dem Bruder, dass war der größte Spaß. Übrigens auch das Abwaschen der Essteller fand am Strand statt. Ein wildes, urbanes Zelterlebnis und ich hoffe, damals war die Qualität des Ostseewassers besser. Jedenfalls konnte ich bis jetzt keine bleibenden Schäden feststellen. Außer einer immer währenden Ostseesehnsucht. Und später als Jugendliche, sind wir dann per Anhalter in eigener Regie zum Campen auf die Insel getrampt.
*Kinderzahnpasta

Dieses Jahr also habe ich mir eine Portion Ostsee gegönnt. Nicht im überlaufenen Sommer, sondern im Herbst. Und ich bin viele Strecken gelaufen, an die ich mich erinnern konnte, obwohl wir Strandwandern als Kinder immer gehasst haben. Wir gingen lieber ins Zeltkino, eine der wenigen Unterhaltungen die es gab. Oder haben endlos lang am Strand Burgen gebaut oder zwischen  den Zelten gespielt. 

Eine Tour habe ich ans Haff nach Kamminke gemacht. Ich habe ein Foto auf dem ich, elf Jahre alt, dort stehe und in meinem Bad steht ein Glas mit einer Muschelkette, die ich dort zu der Zeit gefädelt habe. So ein paar Sentimentalitäten kann man sich ja mal leisten.Die kleine Fischräucherei, an der wir immer mit Hingabe noch lauwarme Sprotten aus der dreieckigen Papiertüte gegessen haben gibt es noch, allerdings in neuen Räumen. Wieder einmal ein Bespiel dafür, dass Erinnerungen so oft mit Essen zu tun haben.



Von da aus mit ging es mit dem Bus nach Korswandt und Dank des netten Busfahrers hatte ich dann auch die Orientierung, wo im Wald unser Ferienlager* war, welches ich viele Jahre besucht habe. Er meinte, bis vor einigen Jahren standen noch die Fahnenmaste und die betonierte Tischtennisplatte, jetzt standen dort ein paar schicke, neue Ferienhäuser. Von da aus zu Fuß durch den Wald nach Ahlbeck und wieder mit dem Bus (übrigens auf Kurkarte kostenfrei auf der ganzen Insel) nach Bansin, da das Idyll am Wolgastsee leider geschlossen hatte. Den Lebensmittellladen von Amandus Schimmelpfennig (ja, es gibt Namen die vergisst man nie) habe ich nicht gefunden, das alte Backsteinhaus wird wohl abgerissen worden sein.
*Ferienlager - Von den Betrieben der Eltern organisierter Ferienaufenthalt für die Kinder


Auch wenn du nicht viele Erinnerungen an Ostsee_Urlaube hast, oder vielleicht noch nie dort warst, es ist der beste Ort um auszuspannen, durchzuatmen und herunter zu kommen und das eben genau im November. Hast du auch Erinnerungen an Urlaubstage als Kind? Oder wenn du einfach mal so an der Ostsee bist, schreib mir gern wie es dir gefallen hat. Vom Hotel, in dem ich gewohnt habe, hänge ich dir eine kleine Visitenkarte an, ich kann es empfehlen. 

Und über mein Treffen mit dem Chefkoch des Admiral und über ein schönes, nachkochbares Rezept für euch, berichte ich im nächsten Beitrag.

Hier noch ein paar bildhafte Eindrücke Ostsee 2018, November




















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Hotel Admiral Bansin 4*, Lage direkt am Strand



-saubere, gut ausgestattete Zimmer, mit teilweise 
(allerdings teurem) Meerblick
-stimmungsvolles Ambiente am Kamin 
-sehr freundliches, zuvorkommendes Personal
-abwechslungsreiche, gute Küche (Halbpension)
-Wellnessbereich mit Sauna und gepflegtem 
Schwimmbad (18 Meter)
-Für den der es mag, gutes Angebot an 
geführten Wanderungen und Bustouren








Kommentare

Anonym hat gesagt…
Oh ja, eine immerwährende Ostseesehnsucht ist bei mir auch von den Usedomurlauben meiner Kindheit zurückgeblieben. :-)
Mit meinen Eltern war ich oft in Ückeritz auf dem Zeltplatz und in Neppermin in Ferienwohnungen, da ist mir besonders das Kühemelken mit dem Bauern in Erinnerung geblieben. Im Ferienlager war ich auch in Neppermin und als 7 jährige ohne Eltern allein 6 Wochen zur Kur in Ahlbeck.
Später nach der Wende war ich noch zum Zelten in Kölpinsee und Zinnowitz.
Seitdem waren wir noch oft an der Ostsee, aber nicht mehr auf Usedom. Es gibt ja noch viele andere tolle Ecken an der Ostsee. Und auch die Nordsee hilft bei Meersehnsucht.
Liebe Grüße Peggy
Barbara hat gesagt…
Usedom kenne ich wirklich nur im Spätsommer, irgendwann war ich so neugierig und bin mal hingefahren. Jeder schwärmt ja davon. Meer im Winter hat einen ganz besonderen Charme.

Danke auch fürs Teilen Deiner Erinnerungen und der Fotos! Das finde ich klasse!