Der Marienhof in Erfurt: Schwein gehabt, als Schwein ...

Uwe Schreiber ist Quer e i n steiger in einen Beruf, aus dem in den vergangenen Jahren immer mehr Menschen ausgestiegen sind. Das er so hartnäckig ein Ziel verfolgt, weil er mit einer solchen Leidenschaft Landwirt und Schweinezüchter ist, macht ihn mir sofort sehr sympathisch. Und sein Ziel ist es, den Mangalitzaschweinen auf seinem Hof eine artgerechte Freilandhaltung zu ermöglichen. Da fühlen sie sich wohl, da funktionieren die Aufzucht von Nachwuchs in der Rotte, da purzeln die Ferkelchen im dicken Matsch herum und glücklichere Schweine findet man kaum anderswo.



Aber leider gibt es Menschen an Schreibtischen, die dicken Matsch und Dreck und auch ein bisschen Gestank gar nicht gut finden und deshalb meinen, so ein Schwein gehört frisch gewaschen in einen Stall. Richtig schön rosig und geruchsneutral. Da haben sie auch mal Appetit auf ein Schnitzel, aber ein Tier so aus dem Schlamm ... und auch noch im Freien ... womöglich noch mit einem matschigen Schwimmteich.... und das riecht.... ne, dass geht doch gar nicht !
Schreiber rückt nicht so richtig mit der Sprache heraus, welchen triftigen Grund man seitens der Behörde anführt, um seine Wollschweine in den Stall zu verbannen. Ich kann mir keinen vorstellen, denn in allen anderen Bundesländern funktioniert das doch auch. Also mal über den Schreibtisch Tellerrand schauen, rate ich da.



Zu Mangalitza Schweinen kam Uwe Schreiber erst im zweiten Anlauf, nach der Haltung des "normalen" Hausschweines.

Das aus Ungarn stammende Mangalitza Schwein, ist eine der ältesten, noch rein erhaltenen europäischen Schweinerassen. Durch ihre  typische Wolle sind die Mangalitza Schweine sowohl gegen Kälte als auch vor Hitze geschützt und werden auch Wollschwein genannt. Den Spitznamen verdankt diese Rasse ihren charakteristischen, lockigen Borsten. Die Ferkel sind wie Wildschwein-Frischlinge gestreift.

Das dicke „Fell“ und ihr robustes Wesen machen es möglich das Schwein ganzjährig im Freien zu halten, am besten auf einer großen Wiese oder Weide. Die Mangalitza Schweine sind vom Wesen her sehr neugierig und aktiv und suchen sich am liebsten ihr Futter selbst; Würmer, Wurzeln oder aber auch Obst.




Mangalitza Schweine sind keine Mastschweine. Sie haben ein langsames und gesundes Wachstum, das bei artgerechter Haltung rund doppelt so lange dauert wie bei normalen Mastschweinen. Außerdem sind sie ausgesprochen stressresistent und weniger anfällig für Krankheiten.

Die Fleischindustrie bevorzugt Rassen, die schnell und billig wachsen und zu vermarkten sind. Die Haltung von Mangalitza Schweinen ist deshalb den kleineren, individuellen Betrieben vorbehalten. Ein herkömmliches Mastschwein braucht 3-4 Monate um sein Schlachtgewicht zu erreichen, ein Wollschwein braucht etwa ein Jahr. Die Haltung im Freiland braucht mehr Platz, herkömmliche Schweine werden auf engstem Raum gehalten. Auf den ersten Blick ist die Haltung der Wollschweine also unwirtschaftlich. Auch die dicke Speckschicht ist abschreckend für die breite Masse der Verbraucher, die mageres Fleisch bevorzugt.




Bauern wie Uwe Schreiber verdanken wir es, dass diese Rasse mit ihren schmackhaften Fleisch nicht in Vergessenheit gerät. Das ausgewogene Futter und ein langes Wachstum verleihen dem Fleisch eine starke Fettmarmorierung und relativ dunkle Farbe. Es ist zart und feinfaserig und hat eine strahlend weiße, charakteristische Speckschicht.

Um das vom Aussterben bedrohte Wollschwein zu erhalten, wurden in ganz Europa verschiedene Projekte gestartet. In Deutschland sorgt die Initiative Nutztier-Arche* dafür, dass die alten Nutztierrassen erhalten bleiben. Nutztier-Archen sind ein wichtiger Teil in der Vernetzung zwischen Tierhalter, Tierzüchter, Interessierten und Konsumenten. Vielleicht  kann diese Initiative dabei helfen, Schreibers Wollschweinen einen dauerhaften Aufenthalt auf der Weide zu ermöglichen.



Uwe Schreiber wird von seinem Sohn unterstützt. Dem Vater nacheifernd, hat auch er auf dem Marienhof jetzt einen anderen beruflichen Weg eingeschlagen als den vorher erlernten und beide ergänzen sich in der Arbeit. Neben den Schweinen gibt es die Rinder zu betreuen, deren Fleisch ebenfalls im Hofladen zu erwerben ist. Das gesamte Futter für die Tiere wird selbst angebaut und aufbereitet. Ein überschaubarer Weg zum Produkt, alles in einer Hand, ohne Einsatz von Chemie und lange Transportzeiten für die Tiere zur Schlachtung.

Zu den Schreibers und dem Marienhof bin ich durch den Cookingpokal gekommen. Mit drei großartigen Produkten konnte ich den Warenkorb für die Kandidaten füllen und kann die wirklich von ganzem Herzen empfehlen: Thüringer Bratwürste, Schweinekamm und Blutwurst. Ein Besuch des Hofladens lohnt sich auch im Hinblick auf Rindfleisch, jede Art von hausschlachtener Wurst und das dry aged Roastbeef sollte man unbedingt probieren.








* Wikipedia:
Eine Nutztier-Arche ist ein Zuchthof oder eine Zuchtstätte für alte und gefährdete Nutztierrassen. Der Höfeverband der Nutztier-Archen wird von der Dachorganisation Vielfältige Initiativen zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen (VIEH) kontrolliert und betreut.
Derzeit gibt es in Deutschland 240 Nutztier-Archen und 6 Nutztier-Archen im benachbarten Ausland (Stand Sep. 2013) Die Höfe und Züchter werden auf artgerechte Tierhaltung und Fütterung kontrolliert.
Besondere Haltungsformen müssen eingehalten werden:
Fütterung:
  • Alle Tiere sollen traditionell gefüttert werden, ohne Leistungsfutter (Mastfutter).
  • Den Tierzüchtern wird nahegelegt, auf Soja, Eiweißfutter und genmanipulierte Futtermittel zu verzichten.

Kommentare

LanisLeckerEcke hat gesagt…
Ein toller Bericht und ein klasse Hof! Da bin ich glatt ein bißchen traurig, dass ich nicht näher an dir dran wohne, den Hofladen würde ich sehr gern mal besuchen.

LG Jette
Obers trifft Sahne hat gesagt…
Da hast du Recht, aber ich glaube so etwas ähnliches gibt es bestimmt in deiner Gegend auch. Schau dich mal um, vielleicht kann ich bald auch bei dir etwas darüber lesen :)