Revival der Schlemmerschnitte und das Rezept für Eimersalat

Schlemmerschnitten gab es in der HO Gaststätte *. Wer nicht in meinem Kulturkreis aufgewachsen ist, weiß gar nicht was das ist. Eine HO Gaststätte gehörte nicht Herrn Meier oder Lehmann, sondern dem ganzen Volk. Tischdecken gab es meist nur in Preisstufe eins. Von da an aufwärts, so sagte es ein geflügeltes Wort, so ab Preisstufe drei etwa, hilft der Gast mit. Was schon mal ziemlich aussagekräftig hinsichtlich des Personals war.

Belegtes Brot

Die Schlemmerschnitte also, ein Relikt der 70-er und 80-er Jahre, gab es bestimmt auch anderswo, aber hier das war eine spezielle. Bis zur Unkenntlichkeit aufgetürmte Kalorien, am Ende alle Komponenten ziemlich geschmacksgleich: Toast (getoastet), Fleisch (gebraten), Pilze (in Sahne ertränkt), viele Zwiebeln (gebraten), Käse überbacken, in Preisstufe 1 vielleicht sogar noch ein Ei. Alles einfarbig, kein Dekor. War der Gaststättenchef ein pfiffiger, gab es einen Löffel Eimersalat daneben. Kraut rot oder weiß, Preisstufe 1 vielleicht sogar grüne Bohnen oder Blumenkohl, oder gar beides !

Den Begriff Eimersalat habe ich mir von einem meiner Lieblingsschriftsteller geliehen, dem Jan Weiler. In dem Buch "Antonio im Wunderland" - die Fortsetzung von "Maria ihm schmeckts nicht" - gibt es dafür sogar ein Rezept.

Als Jugenderinnerung gibt Jan Weiler zum Besten: " In der Gaststätte Fuchsbau bestellten wir Schnitzel und Bier. Wir erhalten zum Essen standesgemäß so genannten Eimersalat. Ich liebe diesen Salat, es gibt ihn auch auf den meisten deutschen Rasthöfen und überall sonst, wo die deutsche Küche noch nicht in der Hand der ayurvedischen Küchenclowns ist. In einem tiefen Glastellerchen werden eiskalte Gemüsefragmente angerichtet, die sämtlich aus weißen Eimern vom Großmarkt stammen. Immer dabei: geraspelte Möhren und  grüne Bohnen in essigsaurem Dressing. Dann wird je nach  Region majonäsiger Kartoffelsalat dazugebazt, manchmal gallertartige Selleriescheiben und Rote Bete, sowie Krautsalat. Bedeckt wird diese nationale Schande von einigen Blättern Kopfsalat, denen vorher in einem Sahnedressing die Vitamine entzogen wurden. Diese Kombination hat einen Nährwert wie ein Bierdeckel...."


Brot mit Tomate,Avocado,Spargel,Ruccola, Ei

Wir verstehen uns richtig, zu meinen Erinnerungen an die Schlemmerschnitte wäre diese vielfältige Ausführung des Salats eine deluxe Variante. Und a propos Bierdeckel ..... die Erinnerung an einen Jugendfreund, der damals Koch lernte im Elephantenkeller in Weimar ,  ist damit verknüpft. Er sah durch eine Tür, dass ich mit einem Freund dort essen war und hat  mir mitten in eine der berühmten Schlemmerschnitten einen Bierdeckel gelegt. Der Spaß kam erst zur Tage, als die Messer versagten. Geschmacklich und von der Konsistenz war er nicht auffällig.

An diese alten Geschichten machen wir aber jetzt erst mal einen dicken fetten Haken, Erledigt. Nicht vergessen, aber überholt. Und wie. Bei uns gab es nämlich eine Schlemmerschnitte diese Woche, die ihrem Namen alle Ehre machte. 

Aber fangen wir von vorn an. es gab auch ein Vorsüppchen. In diesem Jahr wachsen in meinen Blumenkübeln im Garten fast nur Sachen die man essen kann. Die sind alle so schön, da braucht es keine Geranien (die mag ich eh nicht !) Laktritztagetes, Brunnenkresse, Bronzefenchel, Ruccola, Mangold gelb und rot. Und mit der Brunnenkresse gab es eine Vorsuppe. Dann die Schnitte mit Avocado, Frühlingszwiebeln,Tomaten, grünem Spargel, Ruccola und Ei. Das war ein Gedicht ;)


Suppe mit Brunnenkresse

Brunnenkressesuppe
für 4 Personen

1 Liter Gemüse- oder Fleischbrühe
2 Hände voll Brunnenkresse
3 mittelgroße Kartoffeln
250 ml süße Sahne
S+P, Muskatnuss
1 Scheibe Weißbrot
1 Tomate
grüner Spargel
etwas Butter

Die Tomate waschen, trocknen und in Scheiben schneiden. Die Tomatenscheiben trocknen. das habe ich mit dem Airfryer bei 160 Grad gemacht, geht aber sicher auch im Backofen bei geöffneter Tür. Die Tomate war abgetrocknet, nicht hart und hat der Suppe eine wunderbare Säure gebracht.

Den grünen Spargel waschen und die Enden abschneiden. Die Spitzen zurück lassen und in einer Pfanne in Butter braten. Nach zehn Minuten die Spitzen zugeben. Spargel ständig wenden, bissfest werden lassen und am Ende etwas salzen. Beiseite stellen. Den Rest benötigst du für das Brot.

Die Kartoffel schälen, in grobe Stücke schneiden und in der Brühe weich kochen. Mit dem Blitzhacker die Kartoffel völlig pürieren. Mit der Sahne aufgießen. Die Brunnenkresse vom Stiel zupfen, in die Suppe geben und pürieren. Mit Salz und Pfeffer und Muskatnuss abschmecken.

Das Weißbrot in kleine Würfel schneiden und in der Butter goldbraun rösten. Die Suppe aufschäumen und alles zusammen anrichten.


Brot mot Avocado, Spargel, Tomaten und Ei

Belegtes Brot....oder auch Schlemmerschnitte
für 4 Personen

4 Scheiben Kürbiskernbrot
1 Avocado
1 Bio Zitrone
2 Tomaten
grüner Spargel gebraten - siehe oben -
Frühlingszwiebeln
S+P, Knoblauch
4 Eier
Butter
Ruccola

Die Avocado vom Kern befreien und halbieren. Eine Hälfte in Scheiben schneiden, die andere Hälfte mit der Gabel zerdrücken und mit dem klein gehackten Knoblauch und Salz und Pfeffer, Zitronenabrieb und etwas Zitronensaft abschmecken. Die Tomate in Scheiben schneiden. Die Frühlingszwiebeln - hier rote - in einer Pfanne in Butter glasig werden lassen. Die Eier (mit Servierringen) in der Pfanne in Butter wachsweich braten.

Die Brotscheiben mit der zerdrückten Avocado bestreichen, die Avocado Scheiben darauf legen und leicht salzen. Mit den Tomatenscheiben und dem gebratenen grünen Spargel und dem Ruccola darauf belegen. Das gebratene Ei ausbalancieren und mit Salz und frischem Pfeffer aus der Mühle bestreuen. 

Lasst es euch schmecken. So macht schlemmen wirklich Vergnügen :)

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* HO = staatlich gelenkte HandelsOrganisation











Kommentare

Summsi hat gesagt…
Jetzt musste ich gerade schmunzeln. Ich habe auch einige Erinnerungen an diese Zeit. Deine Schlemmerschnitte macht seinem Namen alle Ehre. Und das Süppchen klingt auch sehr lecker. Gut, dass diese alte Zeit hinter uns liegt,obwohl ich gerne noch daran zurück denke. Gruß Katrin